Frau Layer, Sie setzen in der Schmerztherapie Blutegel ein. Was kann man sich unter diesem Therapieverfahren vorstellen?
Die Blutegeltherapie gehört zu den ausleitenden Heilverfahren. Die Tiere werden auf die Hautoberfläche der schmerzenden Stelle gesetzt und beißen dort in die Haut. Im Speichel der Blutegel sind schmerzlindernde und entzündungshemmende Substanzen. Der Biss selbst, analog zu anderen invasiven Verfahren wie Quaddeln oder Akupunktur, hat eine antinozizeptive Wirkung, das heißt, dass die Schmerzempfindlichkeit an dieser Körperstelle herabgesetzt wird. Durch den regionalen Blut- und Lymphverlust mit Entstauung und Verbesserung der Durchblutung wird oft ein entspannender Effekt auf die Muskulatur erzielt.
Handelt es sich hier um ein neueres Verfahren in der Schmerztherapie?
Nein, Blutegel werden schon seit Jahrtausenden zu medizinischen Zwecken verwendet. Jedoch gewinnt die Methode durch neuere Forschungsarbeiten zu Erkrankungen des Bewegungsapparats oder der Gelenksarthrose wieder zunehmend an Bedeutung. Die heute verwendeten Blutegel werden meist in Zuchtanstalten kultiviert und dürfen aus hygienischen Gründen übrigens nur einmal verwendet werden.
Tut so ein Blutegel-Biss denn weh?
Der Biss eines Blutegels ist nicht besonders schmerzhaft – so wie ein Ziehen, ein Insektenstich oder ein Spritzeneinstich. Der Blutegel-Speichel ist ein Wirkstoffcocktail aus circa 30 verschiedenen Substanzen, die in den Blutkreislauf des Menschen gelangen. Haben sich die Blutegel dann vollgesogen, lösen sie sich selbst. Sie dürfen aber auf keinen Fall gewaltsam abgelöst werden! Mir ist schon klar: Es benötigt Überwindung, sich diese Tiere auf die Haut legen zu lassen, aber im Nachhinein ist die Resonanz unserer Patienten bezüglich dieser Form der Schmerztherapie durchweg positiv, auch wenn wir nicht bei allen Patienten schmerzlindernde Effekte erlangen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jessica Euler, Öffentlichkeitsarbeit im St. Agatha Krankenhaus, Köln-Niehl.