Achtsamkeit ist schon seit Längerem „en vogue“, vor allem als Konzept der Selbstpflege, der persönlichen Entschleunigung, Selbstwahrnehmung und Stärkung der Persönlichkeit. Es beinhaltet aber auch den Aspekt der bewussten, wertfreien Wahrnehmung der – manchmal auch unaussprechbaren – Bedürfnisse und Anliegen unserer Patientinnen und Patienten oder der Bewohner unserer Pflege- und Betreuungseinrichtungen. Während viele die Förderung der Achtsamkeit gern unterstützen, wird es bei der Prävention sexualisierter Gewalt erkennbar schwieriger. Aber genau hier setzt die Präventionsarbeit von (sexualisierter) Gewalt an.
Gewalt – und im Besonderen sexualisierte Gewalt – ist vielschichtig, oft auch uneindeutig und in jedem Fall übergriffig. Die meisten von uns wollen auf gar keinen Fall mit Vorfällen dieser Art konfrontiert werden – „Geht gar nicht“, „Rauswerfen“, „Verbieten“ sind mit die gängigsten Reaktionen. Gleichwohl, so einfach ist es leider nicht! Hinsehen, wahrnehmen und darüber sprechen, den Mantel des (Ver-) Schweigens heben sind ganz wesentliche Merkmale unseres präventiven Arbeitens. Wo können Grenzverletzungen stattfinden, wo kann sexualisierte Gewalt ausgeübt werden?
Grenzverletzungen immer möglich
Im Rahmen einer Reflexion unserer Arbeitsbedingungen, der baulichen Gestaltung unserer Einrichtungen, der Arbeitsorganisation etc. wurde deutlich, dass es tagtäglich Situationen gibt, in denen Grenzverletzungen stattfinden können. Denn im Unterschied zu den Räumlichkeiten des privaten Wohnens können Räumlichkeiten in unseren Einrichtungen von vielen Personen betreten werden. Darüber hinaus gibt es in der alltäglichen pflegerischen, diagnostischen und/oder therapeutischen Arbeit zahlreiche Situationen, in denen sich Personen einer möglichen Übergriffigkeit ausgesetzt sehen können. Dies bedeutet für unsere Mitarbeiter eine besondere Verantwortung, die Angemessenheit des eigenen Tuns zu sehen und zu reflektieren.
Daher werden künftig auch über die Abteilung Fort- und Weiterbildung regelmäßig Schulungen zum gesamten Themenbereich angeboten. Die Präventionsfachkraft unterstützt und berät Teams und Einrichtungen bei der Bearbeitung von Fragen und Problemen, ggf. auch bei Gesprächen mit Betroffenen, und hilft bei der Aufarbeitung von möglichen Vorfällen. Die Gespräche sind strikt vertraulich, sofern sich nicht strafrechtlich relevante Sachverhalte ergeben.