Sr. M. Domitilla erinnert sich noch genau an diese Zeit, denn sie war Teil dieser Mission, die sich auf eine Reise ins Ungewisse gemacht hatte: „Indien war ganz weit weg und wir wussten damals nicht, wann wir wieder zurückkommen.“ Drei deutsche Schwestern und ein Pater fuhren mit dem Frachtschiff vom italienischen Genua aus über Libyen und durch den Suez-Kanal. Gut drei Wochen verbrachten sie auf See bis sie im indischen Bundesstaat Kerala ankamen. „Weil es dann gerade Monsun war, mussten wir noch zwei Tage am Zoll warten bis wir mit unserem VW-Bus den Hafen verlassen durften“, erinnert sich Sr. M. Domitilla.
Vatikanisches Konzil und indische Schwestern in Deutschland
Aber wie kam es zu dieser tiefgreifenden Neuausrichtung? Wir müssen dafür zurückblicken ins Jahr 1962. Denn damals hatte das Zweite Vatikanische Konzil alle katholischen Christen zur Entwicklungshilfe aufgerufen. Das war auch das Jahr, in dem zwölf junge indische Frauen in die Krankenpflegeschulen der Genossenschaft der Cellitinnen nach der Regel des hl. Augustinus in Köln aufgenommen wurden. 1964 folgten 16 Postulantinnen, die ein Jahr darauf im Kloster Heisterbach feierlich eingekleidet wurden. Da alle Frauen aus Kerala, also von der Südwestküste Indiens, stammten, kannte die Genossenschaft die Nöte der dortigen Bevölkerung.
Die erste Niederlassung: das St. Augustine Hospital in Kumily
Vor diesem Hintergrund war es kaum verwunderlich, dass die damalige Generaloberin Mutter M. Cleta schon 1965 nach Indien reiste und ein Stück Land für eine eigene Niederlassung kaufte. Die Wahl fiel auf Kumily in der Provinz Kerala, denn die arme Landbevölkerung lebte vom Teeanbau und in der Region gab es keine medizinische Grundversorgung. Ein Jahr später legten die Schwestern dort den Grundstein für das St. Augustine Krankenhaus, das im Dezember 1967 eröffnet wurde. Dazu kamen später noch ein Kindergarten und eine Pfarrschule.
Die zweite Niederlassung eröffneten die Ordensschwestern 1972 in Sendhwa im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Dort übernahmen sie eine Schule mit Internat und einen Kindergarten. 1980 weihten sie dort das Karuna-Hospital ein. Neben der medizinischen Akutversorgung der Bevölkerung kümmern sich die dortigen Schwestern besonders um die Lepra- und Tuberkulose-Kranken. F ür die dritte Niederlassung entschieden sich die Schwestern für Bangalore, der Hauptstadt des Bundesstaates Karnataka. Dort gründeten sie mit Augustine Nivas ein Ausbildungszentrum für Novizinnen – das heutige Provinzialat.
Die Ordensschwestern der Genossenschaft der Cellitinnen nach der Regel des hl. Augustinus haben heute in neun indischen Staaten Niederlassungen. Sie betreiben dort unter anderem Krankenhäuser und Polikliniken, Kindergärten, Schulen und Internate.